K. Wiemann, A. Klee, M. Stratmann
Filamentäre Quellen der Muskel-Ruhespannung und die Behandlung muskulärer Dysbalancen
Fibrillar sources of the muscle resting tension and the therapy of muscular imbalances
Zusammenfassung
Als Ruhespannung bezeichnet man den Widerstand, den der passive Muskel einer Dehnung entgegensetzt. Ursprünglich wurde die Ruhespannung den elastischen Eigenschaften der Muskelfaserhüllen zugeschrieben. Später zeigte es sich, daß die Ruhespannung im intakten Muskel bis zu einem Dehnungsgrad von rund 170% allein von den Myofibrillen erzeugt wird. In jüngster Zeit wurden schließlich die bis Ende der 70er Jahre unbekannten Titinfilamente - hochelastische molekulare Federn innerhalb der Sarkomere - als die Quellen der Ruhespannung identifiziert. Aufgrund der biologischen Bedeutung des Titins, nach Dehnung die Sarkomere wieder in die Ausgangslänge zusammenzuziehen, ist es verständlich, daß sich die Ruhespannung bei Dehnungstests menschlicher Muskeln in vivo als ein stabiler Parameter erwies, der sich durch Dehnungstraining nicht senken läßt. Da jeweils 6 Titinfilamente mit einem Myosinfilament
assoziiert sind, ist einzusehen, warum die Ruhespannung mit steigender Hypertrophie wächst. Aus diesem Grunde scheint es angebracht, muskuläre Dysbalancen nicht mit Dehnung, sondern mit Muskelaufbautraining des defizitären Muskels zu behandeln.
Schlüsselwörter: Muskeldehnung, muskuläre
Dysbalance, Ruhespannung, Titinfilament
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Summary
The tension that develops when relaxed muscles are stretched is the resting tension. Formerly, resting tension has been attributed to elastic forces in the connective tissue and in the sarcolemma. In 1985, Magid & Law demonstrated that, in intact muscles up to a stretching rate of 170%, resting tension arises in the elastic resistance of the myofibrils. Recently, Wang and coworkers identified the titin filaments - elastic molecular springs within the sarcomeres - to be responsible for the resting tension. The unique role of titin appears to be the restoration of the sarcomere resting length after a stretch event. This physiological function may be the reason of the findings that, in stretching tests, the resting tension of the human hamstrings could not be lowered by stretching exercises. Since every single thick filament is associated with 6 titin filaments it can be suggested that hypertrophy leads to an increase of resting
tension. Therefore, muscular imbalances should not be treated with stretching but with resistance
exercises.
Keywords: muscular imbalance, resting tension, stretching, titin
filament
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